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Wissenschaft

23. November 2015

Social Media im Einsatz für die Kunst

„TransCoding“ will junge Erwachsene für kreatives Denken und künstlerisches Arbeiten begeistern. Die sozialen Medien sind dabei ein zentrales Vehikel, erklärt Projektleiterin und Musikerin Barbara Lüneburg. Das Kunstprojekt wird vom Wissenschaftsfonds FWF im Rahmen des PEEK-Programms zur Entwicklung und Erschließung der Künste gefördert. 

Die junge Kanadierin Gloria arbeitet im Bereich der Menschenrechte. In ihrer Freizeit macht Gloria gerne Musik und spielt in einer Indie-Band. Über die sozialen Medien ist sie auf den Blog „what if?“ gestoßen. Seither hat sie dort über ihre Identität und ihre koreanischen Wurzeln geschrieben, Musik komponiert und die multimediale Installation „Read me“ für sich personalisiert, die sie nun in einer Galerie in Kanada präsentieren möchte. Die Installation ist Teil eines wissenschaftlich-künstlerischen Projekts, das vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird.

Hohe Kunst – junges Publikum begeistern

Mit „TransCoding“ will Projektleiterin Barbara Lüneburg von der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren für Kunst interessieren und mehr noch, sie am Kunstprozess teilhaben lassen. „Diese Altersgruppe kommt oft eher von der Popularkultur und ist daher für zeitgenössische und experimentelle Kunst schwerer erreichbar“, erklärt Lüneburg. Die ausgebildete Violinistin hat sich einen Namen als „Quergängerin“ durch Genres und Kunstformen und als Spezialistin für Neue Musik gemacht. Seit längerem forscht sie zudem über die Themen „Konzertaura“ und „Kollaboration“. Wobei sich Lüneburg damit beschäftigt, wie man als Künstler/in mit dem Publikum in Verbindung treten kann und wie (junge) Menschen zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit Themen, die sie bewegen, angeregt werden können.

Soziale Medien als Ankerpunkt

Um ihr Zielpublikum zu erreichen, hat Lüneburg „Identität“ als künstlerisches Thema für das FWF-Projekt vorgegeben. – „Ein Thema, das jeden betrifft“, so die Musikerin. Die Frage an die „Community“ lautet also, was Identität ist und was es für sie bedeutet. „Das Projekt ermöglicht damit einem jungen Publikum, über sozio-kulturelle Grenzen hinweg, sowohl an einem Kunstprozess als auch an einem gesellschaftlichen Diskurs teilzuhaben“, sagt Barbara Lüneburg. Seit Februar 2014, dem Start des Projekts und dem darauffolgenden Launch diverser Online-Plattformen, hat sich ein internationales Netzwerk von mehr als 800 Interessierten, Nachwuchskünstlern und Professionisten gebildet. Der Blog stellt dabei das zentrale Medium des Austauschs über Musik, Textbeiträge und kreative Prozesse dar. 

Partizipation via „Kunst-Selfies“

Die erste Komposition „What if we had wings?“, die auf dem künstlerischen Konzept der Projektleiterin basiert, hatte bei der European Researchers‘ Night 2015 Premiere. In die Kunst integriert waren persönliche Wünsche und Visionen, die die Mitglieder des Netzwerks über einen sogenannten „Call for Entry“ den Blogbetreiberinnen geschickt hatten. Ein anderes Kunstwerk des Projektes ist die erwähnte Installation „Read me“. Lüneburg personalisiert sie auf Wunsch für Community-Mitglieder, so wie sie das mit dem Input von Gloria gemacht hat. „Dabei sind die Leute sehr involviert, denn es entsteht etwas, was sie betrifft. Und es gibt keine Berührungsängste mehr, weil es ihre eigene Sache ist. – Auch wenn es zu multimedialer Kunst verarbeitet wird.“ In Glorias Version zeigt „Read me“ Texte, mit denen sich die junge Frau identifiziert und verbunden fühlt. Im Hintergrund ist Glorias Bild zu erkennen, und die Musik hat Lüneburg aus musikalischem Material der Kanadierin komponiert.

Querverbindungen schaffen

„You, us and the project“, „Making of“ und „Art we love“ sind weitere Elemente des Blogs. Hier erlaubt das Projekt-Team unter anderem Einblick hinter die Kulissen von künstlerischer Arbeit. – „Dinge, die man normalerweise nie sehen würde“, betont Lüneburg. Der nächste Schritt im Projekt ist der Weg zum Offline-Format in Form einer Multimedia-Solo-Show für Violine, Live-Elektronik und Video. Hier sollen Querverbindungen zwischen populärer Kultur und Hochkultur entstehen.

Insgesamt sei es ein sehr vielschichtiges und aufwändiges Projekt, erzählt die Leiterin. Auch im Internet gelte es, Schritt für Schritt eine Community aufzubauen. Das gelingt mit Ausschreibungen, Wettbewerben und eben Themen, die alle ansprechen. Die Zwischenbilanz ist erfreulich und das Netzwerk lebt auf allen Kontinenten, von Europa über Indien bis zum kanadisch-arktischen Archipel, wo Gloria, die junge Anwältin, derzeit arbeitet.

Künstlerische Forschung

Aus wissenschaftlicher Sicht will das Projekt „TransCoding“ einen Perspektivenwechsel bieten von der akademisch rückblickenden Untersuchung eines Kunstwerks zu einem Kunstprojekt, in dem das partizipierende On- und Offline-Netzwerk die Rolle des Künstlers/der Künstlerin hinterfragt und akademisches Arbeiten herausfordert. – Mit dem Ziel, mehr Durchlässigkeit und gegenseitige Einflussnahme zu ermöglichen. Dies könne auch einen Demokratisierungsprozess bei den Künstlern anstoßen, ist Lüneburg überzeugt.

Zur Person

Barbara Lüneburg ist seit 1. Oktober 2015 Senior Scientist der künstlerischen Doktoratsschule an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz. Sie hat über das kreative Potenzial der Interpreten in der zeitgenössischen Musik promoviert und lehrt im Bereich Neue Medien und künstlerische Forschung. Als Musikerin ist Lüneburg international als Solistin und Kammermusikerin bekannt und leitete unter anderem ihr eigenes Ensemble für zeitgenössische Musik, Ensemble Intégrales. Ihr Repertoire reicht von Bach bis zu Neuer Musik und Multimedia. Das wissenschaftlich-künstlerische Projekt „TransCoding“ läuft noch bis 2017.

Links:

Blog „what if“ zur Partizipation: http://what-ifblog.net/
Facebook Page: https://www.facebook.com/whatif.participatoryArt
SoundCloud: https://soundcloud.com/what-ifblog/
Twitter: https://twitter.com/what_ifblog
„what if“ auf YouTube:
FWF-Programm PEEK: http://www.fwf.ac.at/de/forschungsfoerderung/fwf-programme/peek/

Bild und Text ab Montag, 23. November 2015, ab 10.00 Uhr MEZ verfügbar unter:

http://scilog.fwf.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. phil. Barbara Lüneburg
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
Leonhardstraße 82–84
8010 Graz
T +43 / 316 / 389 3283
E barbara.lueneburg@kug.ac.at
W http://www.kug.ac.at

 

Wissenschaftsfonds FWF:
Marc Seumenicht
Haus der Forschung
Sensengasse 1
1090 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40 – 8111
E marc.seumenicht@fwf.ac.at
W http://www.fwf.ac.at

 

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