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16. Februar 2017

Risiko sucht Kapital! Wachstum von Wiener Startups durch Kapitalmangel ausgebremst

 

Studie der MODUL University Vienna analysiert Finanzsituation der Startup-Szene in Wien. Acht konkrete Empfehlungen zeigen Weg zur internationalen Spitze.

10-mal mehr privates Investitionskapital als in Wien steht Startup-Unternehmen in Europa im Durchschnitt zur Verfügung (in Prozent des BSP). Dies ist nur einer von vielen Aspekten der Kapitalsituation von technologie-orientierten Startup-Unternehmen in Wien, die nun in einer von der Wirtschaftskammer Wien unterstützten Studie der MODUL University Vienna gefunden wurden. Insgesamt zeigt die Studie pragmatische und konkrete Möglichkeiten auf, wie es Wien gelingen könnte, den Anschluss an die weltweit 20 führenden Standorte für die Gründung eines Startup-Unternehmens zu schaffen.

Egal ob im Silicon Valley oder in Wien: erst nachhaltige Investitionen über längere Entwicklungszeiträume gewähren eine echte Erfolgschance. Das Angebot an Finanzierungen zu optimieren, ist laut einer aktuellen Studie des Department of Public Governance and Sustainable Development der MODUL University Vienna daher ein wesentlicher Faktor, um das große Potenzial Wiens als Startup-Ökosystem voll zu nutzen. Schon bessere Vernetzung und Koordination könnte einen guten Beitrag leisten. Aber auch die smarte Bereitstellung öffentlicher Gelder, steuerliche Investitionsanreize sowie der Abbau bürokratischer Hemmnisse für internationale Investoren würde es Wien erlauben, in den Wettbewerb mit den attraktivsten Startup-Standorten weltweit einzutreten.

Promille statt Prozente

„Wir haben zahlreiche Statistiken aus Österreich und dem Ausland ausgewertet“, führt der Projektleiter Dr. Harvey Goldstein, Prof. emeritus am Department, aus. „Das zeigte, dass der Wert von österreichischen Risikokapitalinvestitionen in Österreich nur 0,03 Prozent, mit anderen Worten nur 30 Promille des Bruttosozialprodukts, betrug – das ist um eine Zehnerpotenz weniger als der europäische Durchschnitt.“ Um die Ursachen für diesen niedrigen Wert und die generelle Motivation von Investoren besser zu verstehen, führten die Studienautoren zahlreiche Interviews mit maßgeblichen Playern der österreichischen Finanzszene für privates Investitionskapital für technologie-orientierte Startups. Dabei fanden sie u. a. heraus, dass Business Angels zu den aktivsten Finanzgebern zählen – und eine ganz wichtige Brücke zwischen den ersten Geldgebern aus dem Kreis der Familie sowie den Freunden und den späteren Risikokapitalgebern bilden. Wie die Studie weiter zeigt, macht diese Funktion die kleine Wiener Investmentszene ausgesprochen dynamisch und resilient. Ein echter Pluspunkt für Wien.

Entscheidungsfähig

Interessanterweise zeigt die Studie auch, dass verschiedene Investorentypen nach ziemlich gleichen Investmentkriterien entscheiden: Marktfähigkeit und Wachstumspotenzial, Businessplan, Prototypen sowie Marktüberblick sind relevant. Risikokapitalgeber legten bei ihren Entscheidungen zusätzlich noch starkes Gewicht auf Fähigkeiten des Startup-Teams (komplementäre Kompetenzen, Teamfähigkeit, Stressresistenz).

Informations- & Geldfluss

Eine der Studienautorinnen Dr. Sabine Sedlacek, Leiterin des Departments und Vizerektorin für Forschung, weist auf weitere Ergebnisse der Studie hin, deren Daten in den letzten 24 Monaten erhoben und ausgewertet wurden: „Interessant sind auch die Informationsflüsse innerhalb der Startup-Szene – während Risikokapitalgeber eher auf Insider-Informationen aus ihren eigenen Netzwerken hin reagieren, sind Business Angels offener in der Kommunikation. Sie tauschen sich oftmals untereinander aus und werden auch gern direkt von Startup-Teams angesprochen.“ Tatsächlich sehen die Studienautoren in diesen unterschiedlichen Kommunikationsflüssen gutes Potenzial, um die synergetische Zusammenarbeit der verschiedenen Investoren in Wien zukünftig zu optimieren und machen in ihrer Studie dazu auch konkrete Empfehlungen.

Wien, Berlin, Amsterdam & Tel Aviv

Einen ganz wesentlichen Teil der Studie nahm auch der Vergleich von Wien als Startup-Ökosystem mit international vergleichbaren Städten ein, die es alle innerhalb kurzer Zeit unter die TOP-20 der globalen Startup-Zentren geschafft haben: Tel Aviv, Berlin und Amsterdam. Dank dieses erstmals erfolgten Benchmarkings konnten die Autoren drei wesentliche Faktoren identifizieren, die zu den Erfolgen der drei internationalen Städte beigetragen haben. Dazu zählt eine starke Priorisierung des Themas Entrepreneurship durch die Politik und Wirtschaft, die sich auch in gemeinsamen Förderungen von Startups niederschlägt. Des Weiteren gibt es in allen drei Städten zumindest eine große Investmentinitiative zu Förderungen von Startups von der Seed- bis zur späten Wachstumsphase. Als drittes schafft dort dann auch ein koordiniertes Vorgehen, eine unterstützende Umgebung aus Investitionen, Infrastruktur und Weiterbildung für Startups.

Gerade dieser dritte Punkt fällt eng zusammen mit einem Aspekt, den zahlreiche Interviewpartner der Studie ansprachen: der Mangel an einer Vision bzw. Strategie seitens der Politik und Wirtschaft in Wien, die dazu beitragen kann bürokratische und ordnungspolitische Hindernisse für Investitionen aus dem Weg zu räumen. Diese führen durchaus zu einer Zurückhaltung bei internationalen Investoren, wenn es um Investments in Wien geht. Jene Beispiele von ausländischen Investoren, die in Wiener Startups mitinvestiert haben, sind – so die einhellige Meinung – auf Grund von Netzwerken dazu gekommen – nicht weil Wien als Standort bereits ihre Aufmerksamkeit erweckt hatte.

The way forward…

Aus ihrer umfassenden Analyse des Finanzierungsumfelds für technologie-orientierte Startup-Unternehmen in Wien ziehen die Studienautoren dann auch ganz konkrete Schlüsse, die in acht Empfehlungen an die Politik und Wirtschaft münden. Diese sind:

  1. 1. Initiation einer Plattform zur Abstimmung von gemeinsamen Zielen für die Förderung der Startup-Szene in Wien
  2. 2. Errichtung eines 100M EUR Fonds zur Förderung der Entwicklungsphase von Startups durch Matchen privater Investitionen mit öffentlichen Förderungen
  3. 3. Gründung eines One-stop-Office zur Beratung und Unterstützung von Startups
  4. 4. Bündelung von Business Angel-Investitionen durch Fonds und Plattformen
  5. 5. Steueranreize und staatliche Garantien, um Risikokapitalinvestitionen attraktiver zu machen
  6. 6. Reduktion von Verwaltungsaufwand für ausländische Investitionen
  7. 7. Ergänzung von Schul- und Studienprogrammen mit der Thematik „Unternehmertum“
  8. 8. Durchführen einer aktiven Bewerbung von Wien als dynamisches Startup-Ökosystem

Die nun abgeschlossene Studie der vier Autoren Prof. Harvey Goldstein, Dr. Dimitris Christopoulos, Dr. Verena Radinger-Peer und Dr. Sabine Sedlacek stellt auch eine nahtlose Fortführung einer früheren Studie zu Hindernissen für universitäre Startups in Wien dar. Diese wurde ebenfalls an der MODUL University Vienna durchgeführt und belegt einmal mehr die Praxisnähe des dortigen aktiven Forschungsschwerpunkts „Startup Ökosysteme“.

Originalstudie: Making Vienna a Leading Startup Center of Europe. Autoren: Harvey Goldstein, Dimitris Christopoulos, Verena Radinger-Peer, Sabine Sedlacek.

Über die MODUL University Vienna (Stand Februar 2017):
Die MODUL University Vienna, die internationale Privatuniversität der Wirtschaftskammer Wien, bietet Studienprogramme (BBA, BSc, MSc, MBA und PhD Programme) aus den Bereichen Internationale Wirtschaft und Management, Neue Medientechnologie, Public Governance und nachhaltige Entwicklung sowie Tourismus und Hospitality Management an (www.modul.ac.at/study-programs). Die Studienprogramme erfüllen strenge Akkreditierungsrichtlinien und werden aufgrund der internationalen Ausrichtung in Englisch abgehalten. Der Campus der Universität befindet sich am Kahlenberg im 19. Wiener Gemeindebezirk. Das Forschungsprogramm des Department of of Public Governance and Sustainable Development Development fokussiert auf Fragen, die sich mit den wesentlichen politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, wie der Entwicklung und Rolle von Hochschuleinrichtungen, dem Wandel demokratiepolitischer Prozesse und dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, beschäftigen.

 

Rückfragehinweis

Andreas Eder, MA
Leitung Universitätskommunikation
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