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16. August 2016

Rettung für blessierte Kunstschätze: Restaurierung der „Chinesischen Kabinette“ in Schloss Schönbrunn auf Kurs

Die Restaurierungsarbeiten am „Chinesischen“ Rundkabinett, Teil der exquisiten, ostasiatischen Raumausstattungen in Schloss Schönbrunn, sind großteils abgeschlossen, im „Chinesischen“ Ovalkabinett laufen die Arbeiten weiter auf Hochtouren. Sie basieren auf einem mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF erstellten Restaurierungskonzept.

Klein und exklusiv: Die „Chinesischen Kabinette“ mit ihren ostasiatischen Raumausstattungen in Schloss Schönbrunn waren ursprünglich nicht für ein großes Publikum bestimmt. Zutritt erhielten nur Mitglieder des Hochadels, Minister und Botschafter, die dort im intimen Rahmen politische Themen besprachen. Seit Mitte 2015 werden diese später zum Publikumsmagnet avancierten Kabinette restauriert. Denn Verkehrsvibrationen, ein hoher Besucherandrang und unsachgemäße Restaurierungsarbeiten haben Räume und Inventar über die Zeit massiv beschädigt. Ein Forschungsteam um Gabriela Krist von der Universität für angewandte Kunst hat im Rahmen eines Projekts des Wissenschaftsfonds FWF ein Konzept für die Restaurierung und sachgemäße Wiederaufstellung der Exponate erarbeitet. Die darauf basierenden restauratorischen Arbeiten am Rundkabinett sind nun großteils abgeschlossen.

Höfisches Leben auf blutigem Grund

Das Projekt widmete sich der Ausstattung der beiden Kabinette und des Porzellanzimmers, die wertvolle Lacktafeln, Blaugouachen und Porzellane enthält. Für das Restaurierungskonzept erforschte das Team die Geschichte der Objekte, ihrer Materialien und Herstellung. Sie befundeten unter anderem 125 Lacktafeln unterschiedlichster Provenienz, die in die weiß-goldenen Holzvertäfelungen der Wände integriert sind. DNA-Analysen zeigten, dass die Grundierung der Tafeln aus China Schweineblut enthält: „Schweineblut als Bestandteil der Grundierung ist Teil der traditionellen chinesischen Herstellungstechnik. Das Blut wurde mit Kalk und Ziegelmehl vermischt, um das Holzpaneel zu isolieren und einen geeigneten Untergrund für die Lackarbeit zu schaffen. Die Herstellung einer solchen Grundierung war kostengünstig und besonders bei großformatigen Werken beliebt“, erläutert Krist.

Vermissten-Fahndung

Durch Projektrecherchen gelang außerdem der Beweis, dass die Lacktafeln um 1900 zerschnitten wurden: Danach zierten die Tafelrückseiten die Wände. Zur Freude des Projektteams konnten die verloren geglaubten Vorderseiten im Depot der Bundesmobilienverwaltung wiedergefunden werden. „In Zukunft werden die wiederentdeckten Tafelvorderseiten in den Schönbrunner Kabinetten zu sehen sein“, so Krist. „Diese zeigen prachtvolle, in goldener Farbe ausgeführte Darstellungen auf schwarzem Grund. Neben Szenen des höfischen Lebens und der Jagd sind auch Landschaftsdarstellungen mit spielenden Kindern.“

Gebohrt, verklebt & übermalt

In den vergangenen Monaten wurden die wertvollen Porzellane der Kabinette in eigens eingerichteten Ateliers in Schloss Schönbrunn restauriert, darunter auch drei verschwunden geglaubte und im Frühstückszimmer wiedergefundene Vasen. Das Team um Krist arbeitete die Restauriergeschichte der Porzellane auf und entwickelte ein Montagekonzept für die reversible und sichere Wiederaufstellung auf den geschnitzten Wandkonsolen, die aus der Vertäfelung herausragen. „Die 252 befundeten Porzellane weisen allesamt Löcher in den Böden auf. Archivrecherchen und eine technologische Untersuchung der Schrauben zeigten uns, dass dieser Eingriff zur Befestigung auf den Konsolen schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts getätigt wurde – zum Leidwesen vieler Porzellane, die dabei zu Bruch gingen“, erläutert Krist. Auch danach erfolgten Eingriffe, von denen man heute absehen würde. Ein Viertel der Gefäße und Figuren wurde, so Krist, großflächig übermalt und eine Vielzahl der Porzellane mit den Konsolen verklebt: „Vor allem in der letzten Montagephase im 20. Jahrhundert wurde Polyesterharz als Klebstoff nicht nur zwischen Objekt und Konsole aufgetragen, sondern auch großzügig in die Gefäße gegossen.“ Die derzeitigen Arbeiten beheben diese vergangenen Restaurierungssünden. Das Montagekonzept sieht eine sichere und reversible Befestigung der Porzellane auf den Konsolen mittels Wachsen vor. Die historischen Schraubstifte werden wiederverwendet, wobei auf eine gute Isolierung zwischen Metall und Porzellan geachtet wird.

Neben der Rückführung der Lacktafeln und Porzellane werden im Rundkabinett weiters die Luster und die kunstvollen Einlegearbeiten des Holzfußbodens behandelt. Der Abschluss der Restaurierung beider Kabinette ist für 2017 geplant. Die Forschungsarbeiten im Rahmen des vom FWF geförderten Projekts tragen zur erfolgreichen Umsetzung der restauratorischen Maßnahmen an diesem österreichischen UNESCO-Weltkulturerbe bei.

Zur Person

Gabriela Krist studierte Restaurierung an der Akademie der bildenden Künste Wien und Kunstgeschichte an der Universität Salzburg. Seit 1999 wirkt sie als Universitätsprofessorin an der Universität für angewandte Kunst Wien und leitet das Institut für Konservierung und Restaurierung. Zahlreiche Publikationen und Forschungsprojekte sind Teil ihrer Karriere wie auch ihr Engagement in nationalen und internationalen Verbänden, z. B. im österreichischen Denkmalbeirat, im International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) und im International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM) sowie in internationalen Projekten, wie beispielsweise in Patan, Nepal, Neu Delhi, Indien oder auch in der Mongolei. Gabriela Krist ist Trägerin des österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft & Kunst.

Bild und Text ab Dienstag, 16. August 2016, ab 10.00 Uhr MESZ verfügbar unter:
http://scilog.fwf.ac.at

 

Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Gabriela Krist
Universität für angewandte Kunst Wien
Institut für Konservierung und Restaurierung
Salzgries 14
1010 Wien
T +43 / 1 / 71133 – 4810
E kons-rest@uni-ak.ac.at
E gabriela.krist@uni-ak.ac.at
W http://www.dieangewandte.at

 

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