Bildung
12. Dezember 2018
Brustkrebs: Neue Substanz könnte Wirksamkeit von etablierten Therapien verbessern
Mediziner der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems zeigen Potenzial für klinischen Einsatz. Gemeinsame Arbeit mit Forschungsgruppen aus Deutschland, USA und China.
Krems, 12.12.2018 – Ein neuer Wirkstoff gegen Brustkrebs zeigt in Laboruntersuchungen bessere Verträglichkeit als vergleichbare Substanzen – und könnte möglicherweise die Wirksamkeit etablierter Krebsmedikamente erhöhen. Er empfiehlt sich damit für die klinische Entwicklung. Seine Wirkung beruht auf der Aktivierung des natürlichen Zelltodes (Apoptose) – einem zellulären Mechanismus, der bei vielen Tumorzellen ausgeschaltet ist und deshalb deren ungehinderte Vermehrung verursacht. Die Ergebnisse zu der neuen Substanz wurden jetzt international publiziert. Forscherinnen und Forscher der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems arbeiteten dafür federführend mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Heidelberg, der Harvard Medical School und weiteren renommierten Gruppen aus den USA und China zusammen.
Mehr als bei jeder anderen Erkrankung ist bei der Behandlung von Krebs zwischen dem wirkungsvollen Eliminieren entarteter Körperzellen und dem Vermeiden von irreparablen Schäden an gesunden Zellen abzuwägen. Vor diesem Hintergrund lassen die jetzt veröffentlichten Ergebnisse einer Arbeitsgruppe um Dr. Klaus Podar von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) aufhorchen. Für eine neu entwickelte Substanz gelang es, deren therapeutische Eignung in Kombination mit etablierten Krebsmitteln durch Nachweis der guten Verträglichkeit und hohen Effizienz zu belegen. Die aktuellen Ergebnisse knüpfen dabei an frühere Arbeiten Dr. Podars gemeinsam mit anderen Gruppen an. Dabei gelang es, eine neue, in Tumorzellen gehäuft auftretende Struktur, zu identifizieren, die nun das Ziel der neu entwickelten Substanz zur möglichen Behandlung von Brustkrebs darstellt. Die jetzt veröffentlichten Daten ebnen den Weg, die Substanz so weiter zu entwickeln, dass sie sich für die klinische Behandlung von Brustkrebs eignet.
THERAPIE: ZELLTOD
Die Substanz – als EU-5346 bezeichnet – hemmt die Bindung zweier Proteine in Krebszellen (Mcl-1 und Bim). Durch die Bindung von Mcl-1 an Bim wird der durch Bim induzierte, programmierte Zelltod (Apoptose) aufgehoben – die Tumorzellen werden so unsterblich gemacht. Generell ist die Apoptose ein normaler Mechanismus des Körpers, um ungewollte Zellen zu entsorgen. „Die von uns getestete Substanz macht Tumorzellen also wieder sterblich“, erläutert Dr. Vallet, die Erstautorin der Studie (Klinische Abteilung für Innere Medizin 2 des Universitätsklinikum Krems). „Damit verringert sie die Lebensdauer von Brustkrebszellen und/oder verhindert die Entstehung von Resistenzen gegen bestimmte Krebsmedikamente. Beides sind Effekte, die sich natürlich positiv auf eine Behandlung auswirken.“
Die Entwicklung von Substanzen, die wie EU-5346 durch Hemmung des anti-apoptotischen Proteins Mcl-1 genau diese Effekte erzeugen, steht derzeit im Fokus vieler Forschungsgruppen und der pharmazeutischen Industrie. Doch zeichnen sich viele von ihnen durch starke Nebenwirkungen aus, die eine klinische Anwendung ausschließen. Deshalb untersuchte Dr. Vallet zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Heidelberg, der Harvard Medical School, und weiteren renommierten Gruppen aus den USA und China EU-5346 im Labor auch auf dessen Nebenwirkungen. Dazu Dr. Podar: „Wir waren alle sehr erfreut, als die Ergebnisse eindeutig zeigten, dass EU-5346 im Vergleich weniger Toxizität für Herz, Blut und Nerven aufwies“.
ÜBERWINDUNG VON RESISTENZEN
Zusätzlich testete die Gruppe die gegen Brustkrebszellen gerichtete Wirkung von EU-5346 in Kombination mit etablierten Brustkrebstherapeutika. Gegen letztere (insbesondere (Tamoxifen, Trastuzumab, Paclitaxel) entwickeln Tumorzellen oftmals Resistenzen. In allen Fällen konnte gezeigt werden, dass die Kombination mit EU-5346 die Anti-Tumor-Wirkung der Brustkrebsmedikamente erhöht bzw. reaktiviert. „Für uns bedeuten diese Ergebnisse, dass EU-5346 ein interessanter Kandidat für die weitere Medikamentenentwicklung in einem klinischen Setting ist“, summiert Dr. Vallet die vielversprechenden Resultate dieser internationalen Zusammenarbeit. „Ich bin mir sicher, dass Mcl-1 Hemmer nicht nur beim Brustkrebs, sondern auch bei anderen Tumorarten eine profunde, therapeutische Rolle spielen könnten“, fügt Dr. Podar hinzu. Für eine klinische Anwendung wären weitere Forschungsarbeiten zur Analyse der Häufigkeit von Mcl-1 und anderer spezieller anti-apoptotischer Proteine in individuellen Tumorzellen besonders relevant. Diese würden Informationen über die mögliche Wirksamkeit von EU-5346 alleine, aber auch über rational abgeleitete Therapiekombinationen schaffen, die personalisiert eingesetzt werden könnten.
Tatsächlich zeigt die KL Krems gerade auch in der Zusammenarbeit mit international renommierten Krebsforschungseinrichtungen, dass die Forschung an niederösterreichischen Universitätskliniken auf hohem Niveau erfolgt. Die enge Anbindung an den klinischen Betrieb sichert dabei die wichtige Relevanz der Forschung für konkrete Herausforderungen des medizinischen Alltags.
Originalpublikation: Rationally derived drug combinations with the novel Mcl-1 inhibitor EU-5346 in breast cancer. S. Vallet, F. Fan, S. Malvestiti, M. Pecherstorfer, M. Sattler, A. Schneeweiss, H. Schulze-Bergkamen, T. Opferman, M. H. Cardone, D. Jäger, K. Podar. Breast Cancer Res Treat. 2018 Oct 29. https://doi.org/10.1007/s10549-018-5022-5
Über die Karl Landsteiner Privatuniversität Krems
Die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) ist Wegbereiterin und Katalysatorin für zukunftsorientierte, gesellschaftlich relevante Lehr- und Forschungsbereiche in der Medizin und den Gesundheitswissenschaften. In diesem Sinne fokussiert sie auf ein fächerübergreifendes, international ausgerichtetes Studienprogramm, das eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Ausbildungsangebot der öffentlichen Universitäten darstellt. Mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Master-System stellt die KL eine flexible Bildungseinrichtung dar, die auf die Bedürfnisse der Studierenden und Anforderungen des Arbeitsmarkts abgestimmt ist. In der Forschung konzentriert sich die KL gezielt auf Nischenfelder in gesundheitspolitisch relevanten Brückendisziplinen wie der Medizintechnik, der Psychodynamik und Psychologie sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.
Rückfragehinweis:
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Priv.-Doz. Mag. DDr. Klaus Podar
Klinische Abteilung für Innere Medizin 2
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