Wissenschaft
17. Januar 2005
Wohnqualität bei niedrigen Kosten: Horizontale Verdichtung
Hofhaus und Reihenhaus – das sind zentrale Themen einer soeben erschienenen Publikation über horizontale Verdichtungsformen im Wohnbau. Neben der his- torischen Geschichte dieses Bautyps werden insbesondere auch die verschiedenen Typen, Qualitätskriterien und die Umsetzung im Rahmen zahlreicher städtebaulicher Konzepte im Detail behandelt. Das mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF erschienene Werk bietet damit einen einmaligen Überblick über einen Wohnbautyp, der in unserer Gesellschaft – wieder einmal – immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Horizontale Verdichtungsformen sind nebeneinander angelegte Wohneinheiten, bei denen übereinander liegende Räume zum selben Wohnungsverband gehören. Sie sind aber auch eine Antwort auf die zunehmende Zersiedelung durch Einfamilienhäuser in ländlichen Bereichen und eine Alternative zu vertikalen Verdichtungsformen – z. B. Hochhäusern – in den Städten. In seinem neu erschienenen Werk „Low Rise – High Density. Horizontale Verdichtungsformen im Wohnbau“ betrachtet Dr. Helmut Schramm von der Technischen Universität Wien diesen vielgestaltigen Wohnbautyp im Detail.
Alt bewährt – neu entdeckt
Horizontale Verdichtungsformen sind in ihren beiden bekanntesten Typen des Hofhauses und des Reihenhauses keine neuen Wohnbautypen.
So hat das Hofhaus, dessen Wohnräume einen zentralen Freiplatz umgeben, eine bereits über 5000 Jahre alte Tradition. Diese begann in Indien und China und erfasste bald weite Teile des nahen Ostens und Südeuropas. Das Reihenhaus hat einen wesentlich jüngeren Ursprung. Gab es die ersten Typen bereits im 16. Jahrhundert, so setzte es sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Form der Werksiedlung für Arbeiter großer Industrie- betriebe durch.
Zersiedelung stoppen – Lebensqualität bewahren
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erfuhren beide Wohnbautypen eine Renaissance, deren Gründe Helmut Schramm ausführt: „Der steigende Wunsch nach Besitz, Selbstverwirk- lichung, Privatsphäre und Distanz schuf immer größere Wohneinheiten, die den ländlichen Raum zunehmend zerstörten. Daher wurden horizontale Verdichtungsformen zu Alternativen für neue Stadtmodelle. Denn Lösungen wurden gesucht, die bei Befriedigung der persön- lichen Ansprüche eine Verdichtung der Wohneinheit ermöglichten.“ Aber auch Kostener- sparnisse sprachen für diese Bauweise. So konnte die Infrastruktur wie Straßen, Kanal, Strom und Wasser konzentrierter angelegt und die Bauteile standardisiert werden. So boten diese Bauformen hohe Lebensqualität bei ökonomischen Vorteilen.
In seinem reich bebilderten Buch erläutert Helmut Schramm den Erfolg insbesondere des Reihenhauses anhand zahlreicher Beispiele aus dem Europa der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Dazu zählen die in Rotterdam, Niederlande, errichtete Arbeitersiedlung Kiefhoek, das von Le Corbusier geplante Les Quartiers Modernes Fruges in Pessac, Frankreich, und die von Walter Gropius in Dessau und Karlsruhe, Deutschland, gebauten Siedlungen Törten bzw. Dammerstock genauso wie die Wiener Werkbundsiedlung, Österreich, und die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, Deutschland.
Zusätzlich erläutert Helmut Schramm in einer umfassenden Typologie acht grundlegende Typen des Hofhauses und sechs Typen des Reihenhauses. Doch interessanterweise wagt sich Schramm in seinem Buch auch an die Festlegung von Qualitätskriterien von Siedlungen und Gebäuden, die zu den horizontalen Verdichtungsformen zählen. Dazu Schramm: „Die Qualität eines Gebäudes ist objektiv schwer zu beurteilen. Nicht nur wird sie ja subjektiv wahrgenommen, sondern auch durch umfassende Einflüsse verändert. Trotzdem habe ich solche Kriterien, auch zum besseren Vergleich verschiedener Wohnbautypen, definiert.“ Diese Kriterien sind: Flexibilität und Variabilität, Wegführung, Raumgefüge, Privatheit, Integration von Garagen und Niedrigenergiekonzepte.
Ein Kapitel über die Nutzung der horizontalen Verdichtung im Rahmen von Städtebau- konzepten und eines über die Strategie zur Bewältigung moderner Entwicklungen wie z. B. in der Kommunikationstechnologie runden das beeindruckende Werk ab. Mit Unterstützung des FWF ist es Helmut Schramm gelungen die Erkenntnisse seiner Habilitation ansprechend aufzuarbeiten und einem breiten Publikum zu präsentieren.
Low Rise – High Density. Horizontale Verdichtungsformen im Wohnbau. Springer-Verlag, ISBN 3-221-20344-3
Bild und Text ab Montag, 17. Januar 2005, 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter: http://www.fwf.ac.at/de/press/wohnqualitaet.html
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Helmut Schramm
Institut f. Architektur und Entwerfen TU Wien
Karlsplatz 13 / 2532
A-1040 Wien
T +43 / 699 / 12601959
E schramm@wohnbau.tuwien.ac.at
Wien, 17. Januar 2005
Der Wissenschaftsfonds FWF: Mag. Stefan Bernhardt Weyringergasse 35
A-1040 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40-36 E bernhardt@fwf.ac.at
Aussender:
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T +43 / 1 / 505 70 44
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