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Wissenschaft

27. August 2012

„Piratensender“ auf Jupiter – Radiostrahlung birgt Überraschung

Die Entdeckung einer neuen Radiostrahlung des Jupiters zählt zu den Highlights eines dreijährigen Projekts des Wissenschaftsfonds FWF. In diesem wurde eigentlich die planetare Radiostrahlung der Erde und des Saturns untersucht – und eine eigenartige Radiostrahlung des Jupiters entdeckt. Weitere Ergebnisse des jetzt beendeten Projekts umfassten die Identifikation einer neuen Modulation der Radiostrahlung der Erde sowie die Analyse spezieller Komponenten der Radiostrahlung des Saturns. In einer abschließenden Evaluation wurde das Projekt von externen GutachterInnen hervorragend bewertet.

Die Erde ist laut. Radiolaut. So werden in der Astronomie Objekte bezeichnet, die eine messbare Radiostrahlung verursachen. Dazu gehört eben auch die Erde, deren Magnetfeld geladene Teilchen (Elektronen, Protonen, Ionen) beeinflusst und so Radiostrahlung verursacht. Doch auch andere Planeten wie der Saturn oder der Jupiter verursachen eine solche Strahlung. Ihre Messung erlaubt Rückschlüsse auf planetare Magnetfelder. Genau diese waren das Ziel eines Projekts des Wissenschaftsfonds FWF, das am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IWF) in Graz durchgeführt wurde.

Tuned In

Gemeinsam mit KollegInnen aus den USA und Frankreich wollte das Team um Prof. Helmut O. Rucker, Stellvertretender und Wissenschaftlicher Direktor des IWF, spezielle Radiostrahlung der Erde und des Saturns analysieren. Mithilfe von Radiodaten der NASA- Raumsonden „Stereo-A“ und „Stereo-B“ gelang ihnen das auch – doch zuvor funkte ihnen ein „Störsender“ in die Arbeit. Dazu Prof. Rucker: „Im Zuge der Auswertung entdeckte mein Kollege Dr. Mykhaylo Panchenko eine eigenartige Radiostrahlung, die vom Jupiter ausging – also eigentlich gar nicht Teil unseres Projekts gewesen wäre. Dass diese Strahlung aber trotz fünfzigjähriger Beobachtung der Jupiterradiostrahlung unentdeckt geblieben war, war für uns Anlass, ihr auf den Grund zu gehen.“

Auffällig an der Strahlung im Dekameterbereich (Wellenlänge von ca. 10 Metern) war vor allem ihre Periodizität, also der Wechsel ihrer Intensität. Bisher waren für die Dekameterstrahlung des Jupiters zwei Perioden bekannt: eine, die sich durch die Rotation des Jupiters ergibt und 9 Stunden, 55 Minuten und 29,7 Sekunden umfasst (System III), sowie eine weitere, die auf den Einfluss des Jupiter-Monds Io auf das Magnetfeld zurückzuführen ist (42,46 Stunden). Mit einer Periodizität von etwa 10,07 Stunden lag die

neu entdeckte Komponente der Radiostrahlung aber ca. 1,5 Prozent über der, die sich durch die Rotation des Jupiters ergibt. Dazu Dr. Panchenko: „Unsere weiteren Analysen legten die Vermutung nahe, dass die Quelle dieser neuen Radiokomponente gemeinsam mit Jupiter rotiert. Wir vermuten, dass der Strahlungsursprung in der Nähe des sogenannten Plasmatorus des Jupitermondes Io liegt.“ Dieser ist ein ringförmiger Bereich um den Jupiter, der auf Höhe der Bahnebene des Mondes Io liegt und durch vulkanisches Material des Mondes gebildet wird, das mit dem Magnetfeld des Jupiters in Wechselwirkung steht. Diese These zur Quelle und Fragen zur Erzeugung der Radio-Impulse müssen nun in zukünftigen Projekten geklärt werden.

Projekte & Produkte

Für das FWF-Projekt stellte die in Geophysical Research Letters veröffentlichte Arbeit zur Entdeckung der Radiostrahlung ein unerwartetes „Nebenprodukt“ dar. Doch auch zu den eigentlich geplanten Arbeiten über die Radiostrahlung der Erde und des Saturns gelangen wichtige Fortschritte. So konnte durch die Analyse der Stereo-A- und -B-Daten eine deutliche tägliche Modulation für die Aurorale Kilometerwellenlängen-Radiostrahlung der Erde festgestellt werden. Weiters gelang eine „Inflight“-Kalibration des Stereo-Antennensystems auf Grundlage spezieller mathematischer Ansätze. Damit wurde eine exakte Charakterisierung des Empfangsverhaltens dieses Systems ermöglicht. Zusätzlich wurden für die Saturn-Kilometerwellenlängen-Radiostrahlung genaue Analysen zu deren Modulation durchgeführt.

Zur Erweiterung des Projekts meint Prof. Rucker: „Grundlagenforschung lebt vom Unerwarteten. Dank der Flexibilität des FWF war es uns möglich, einer wissenschaftlichen Überraschung mit solider Datenanalyse zu begegnen.“ Eine Tatsache, die auch die internationalen EvaluatorInnen des Projekts mit ausgezeichneten Bewertungen im Abschlussbericht würdigten.

Originalpublikation: New periodicity in Jovian decametric radio emission,
M. Panchenko, H. O. Rucker, M. L. Kaiser, O. C. St. Cyr, J.‐L. Bougeret, K. Goetz und S. D. Bale. Geophysical Research Letters, VOL. 37, L05106, doi:10.1029/2010GL042488, 2010

Bild und Text ab Montag, 27. August 2012, ab 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter: http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv201208-de.html

Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Helmut O. Rucker
Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Schmiedlstraße 6
8042 Graz
T +43 / (0)316 / 4120 – 601
E helmut.rucker@oeaw.ac.at

Wien, 27. August 2012

Der Wissenschaftsfonds FWF: Mag. Stefan Bernhardt
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