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Wissenschaft

2. September 2011

Fakten & Faszination: „Meeresbiologie“ auf 3.000 m Seehöhe

Faszinierende Einblicke in die Paläontologie bietet eine aktuelle Ausstellung von National Geographic Deutschland im Naturhistorischen Museum Wien. 50 beeindruckende Fotografien der Dolomiten werden gemeinsam mit Forschungsdaten präsentiert. Diese wurden aus dem kreidezeitlichen Ursprung der Dolomiten – Ablagerungen ehemaliger Meeresbewohner – gewonnen und geben Auskunft über Lebensgewohnheiten und das Klima vor über 140–90 Millionen Jahren. Diese Ergebnisse eines Projekts des Wissenschaftsfonds FWF werden durch einen Film ergänzt, der auch die Schönheit der untersuchten Fossilien zeigt – und die widrigen Umstände, unter denen Wissenschaft in 3.000 Metern Höhe erfolgt. Die Ausstellung stellt damit Forschungsergebnisse nicht nur vor, sondern auch in einen emotionalen Kontext.

Berge sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Das gilt ganz speziell für die Dolomiten. Die waren vor 140–90 Millionen Jahren sogar Teil des Meeresbodens als Tausende Meter hohe Gipfel. Über Jahrmillionen bildeten sich damals Ablagerungen von kalkigen Gehäusen der Meeresbewohner des Erdmittelalters. Tektonische Kräfte hoben diese Sedimente später zu den heute bekannten und beliebten Berggipfeln der Südalpen empor. Tatsächlich beinhalten sie eine der komplettesten, fossilienreichsten und bestaufgeschlossenen geologischen Abfolgen aus der Kreidezeit in Europa. In einem vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projekt wurde diese nun erstmals umfassend wissenschaftlich untersucht. Neben grundsätzlichen Analysen der Ablagerungen wurden dabei auch Fragen zum Lebensraum und der Biologie der ursprünglichen Meeresbewohner sowie die Klimabedingungen zu deren Lebenszeit untersucht.

Forschung, Film & Foto

Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts werden nun mit einer ungewöhnlichen Präsentation vorgestellt: Im Rahmen der Ausstellung „Dolomiten – Das steinerne Herz der Welt“ werden sie ab dem 2. September gemeinsam mit 50 Bildern des National Geographic- Fotografen Georg Tappeiner und einem packenden Film der Öffentlichkeit präsentiert. Dazu der Projektleiter Dr. Alexander Lukeneder von der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien (NHM): „Bei der Vermittlung unserer Forschungsergebnisse ist es uns wichtig, neben den faktischen Daten auch das Abenteuer Forschung und dessen Schönheit zu zeigen. Die wunderbaren Bilder von Georg Tappeiner

demonstrieren die beeindruckende Ästhetik der Dolomiten. Zusätzlich wurde mit einem Film des Paläontologen-Teams nicht nur die Schönheit fossiler Studienobjekte eingefangen, sondern auch die Strapazen der Forschung fern jeder Infrastruktur bei extremer Kälte in 3.000 m Seehöhe. Da werden unsere Ergebnisse fast zum Nebenschauplatz.“

Tatsächlich sind diese z. T. aber recht spektakulär. So gelang dem internationalen Team um Dr. Lukeneder der Nachweis, dass während des Unterkreide-Zeitalters vor 140–90 Millionen Jahren die Meeres-Temperatur im mediterranen Raum um 10–12 Grad Celsius anstieg. „Diesen Supertreibhauseffekt konnten wir unter anderem durch spezielle Analysen des kalkhaltigen Gesteins nachweisen. Tatsächlich liegt der Ursprung dieses Gesteins in der Ablagerung abgestorbenen Nanoplanktons und der Sedimentation von kalkigen Mikrofossilien wie den Foraminiferen“, beschreibt Dr. Lukeneder seine Arbeit. In den kalkhaltigen Gehäusen dieser Meeresbewohner wurde zu deren Lebzeiten Sauerstoff eingebaut, dessen Isotopenverhältnis (18O zu 16O) von der Temperatur des Umgebungswassers abhing. Die Fossilierung der Gehäuse erhielt dieses „Bio-Thermometer“ über die Jahrmillionen hinweg unversehrt.

„Hohe“ Auflösung

Insgesamt war das Ziel des internationalen Projekts, eine hochauflösende Kartierung der Ablagerungen aus der Unterkreide in über 2.500 m Seehöhe der Dolomiten vorzunehmen. Neben der Analyse von Makro- und Mikrofossilien und der Isotopenverhältnisse gehörten dazu auch die Erfassung der Gesteinsschichtungen (Puez-Formation) mit ihren magnetischen Verhältnissen sowie die Einflüsse verschiedener Zyklen während des Aufbaus der Schichtungen. Speziell fokussierte das 32-köpfige ForscherInnen-Team dabei auf ein Gebiet im Puez-Geisler-Naturpark, das im Jahr 2009 zu einem UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde. Dass dieses Erbe sowohl die natürliche Schönheit des Gebietes als auch ein Millionen Jahre altes Datenarchiv aus der Kreidezeit umfasst, zeigt die aktuelle Ausstellung im NHM nun auf sehr beeindruckende Art und Weise.

Bild und Text ab Freitag, 2. September, ab 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter: http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv201109-de.html

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Alexander Lukeneder Naturhistorisches Museum Wien Geologisch-Paläontologische Abt. Burgring 7

1010 Wien
T +43 / (0)1 / 521 77 – 251
E alexander.lukeneder@nhm-wien.ac.at

Wien, 2. September 2011

Der Wissenschaftsfonds FWF: Mag. Stefan Bernhardt
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