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Innovation

11. Juni 2024

Effizientes Recyclingverfahren für Seltene Erden durch Biolaugung und Bioakkumulation

Gemeinsame Forschung der BOKU Tulln und der IMC University of Applied Sciences Krems zeigt großes Potenzial bei der Rückgewinnung von Wertstoffen aus Elektronikschrott. Bis zu 85% Rückgewinnung Seltener Erden im Labor erzielt.

 

Krems, Österreich, 11. Juni 2024: Eine Forschungskooperation zwischen BOKU Tulln und IMC University of Applied Sciences Krems nutzt die Weiterentwicklung von Biolaugung und Bioakkumulation für die Entwicklung eines zweistufigen, umweltfreundlichen und nachhaltigen Verfahrens zur Rückgewinnung Seltener Erden. Bei dem Bioakkumulationsschritt konnten bis zu 85% Metallrückgewinnungsraten aus Elektronikschrott erzielt werden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination der biotechnologischen Verfahren. Die vielversprechenden Grundlagen für diese in Entwicklung befindlichen Methoden wurden kürzlich im renommierten Fachjournal Frontiers in Microbiology veröffentlicht.

 

Die in den letzten Jahren stark gestiegene Nachfrage nach Elektronik, die in einer Vielzahl von elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen, Elektrofahrzeugen und Computern, Verwendung finden, hat zu einer Zunahme von Abfällen geführt, die Seltene Erden enthalten. Der Großteil landet immer noch ungenutzt auf Deponien, obwohl Seltene Erden eine wichtige Rohstoffquelle sind und von der EU sogar als kritische Rohstoffe klassifiziert wurden. Aus diesem Grund wird intensiv an effizienten Methoden zur Rückgewinnung geforscht. Im Vergleich zu anderen Methoden stellen die auf Mikrobiologie basierenden Methoden Biolaugung und Bioakkumulation eine vielversprechende „grüne“ alternative Technologie zur Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Elektronikschrott dar. Sie ist kosteneffektiv, erzeugt keine gefährlichen oder umweltschädlichen Folgeabfälle und verbraucht weniger Energie. Die grundlegenden Prinzipien der Methoden beruhen auf der Säureproduktion durch bestimmte Mikroorganismen, die in der Lage sind bestimmte Metalle, wie Eisen, Kupfer oder Aluminium aus dem Elektronikschrott zu „laugen“. Diese Metalle stören den Aufnahmeprozess der wertvollen Seltenen Erden in der darauffolgenden Bioakkumulation. Beide Methoden sind bereits seit längerem bei den beiden Partnern BOKU Tulln und IMC University of Applied Sciences Krems Forschungsthemen, nun haben sich die Forschungsteams zu einer vielversprechenden Kooperation zusammengeschlossen und die Expertisen zu kombinieren.

 

„Von nichts kommt nichts“: Training für Mikroben

Neben den Forscher*innen gab es in den aktuellen Studie, die zu der gemeinsamen Technolgie zusammengefasst werden, nämlich noch eine ganze Reihe weiterer Hauptakteure, die für den Biolaugungsprozess verantwortlich waren: Bakterien verschiedener Arten. Für die biologische Laugung werden zum Beispiel Acidithiobacillus thiooxidans und Alicyclobacillus disulfidooxidans verwendet, die ursprünglich aus einem sauren Bergbausee (pH 2,6) in Tschechien stammten und dann im Labor gemischt kultiviert wurden. Diese acidophilen und chemolithotrophen Organismen gedeihen hervorragend in saurer Umgebung und beziehen ihre Energie aus der Oxidation von anorganischen Verbindungen. Für die Bioakkumulation konnte sich Escherichia coli, das allseits bekannte Darmbakterium, als erfolgreichster Anreicherer von Seltenen Erden durchsetzen.

 

Die Herausforderung in der Praxis besteht für das Anreicherungsverfahren, mit dem Seltene Erden rückgewonnen werden können, vor allem im dem hohen Gehalt anderer für Elektroschrott typischer Metalle. Speziell Eisen, Kupfer und Aluminium stören den biotechnologischen Prozess. Um alle Möglichkeiten, dieses Problem zu bewältigen auszuschöpfen, fanden die Forscher eine weitere innovative Option – nämlich „Training“ der Mikroben. Mit Hilfe eines am IST-Klosterneuburg entwickelten Gerätes namens Morbidostat, werden die Organismen schrittweise an höhrere Metallkonzentrationen gewöhnt. Dabei muss aber speziell für die Bioakkumulation behutsam vorgegangen werden, damit die Organismen nicht ihre Fähigkeit zur Anreicherung der Wertstoffe verlieren.

 

In Stufen zur Effizienz
Die aktuell angewandten Methoden zur Gewinnung Seltener Erden basieren auf chemischen Verfahren, die mit der Entstehung umweltschädlicher Nebenprodukte und der Generierung neuer Problemstoffe einhergehen. Eine Kombination biotechnologischer Verfahren weist gegenüber chemischen Methoden klare Vorteile auf, da sowohl die Laugung als auch die Akkumulation in den Zellen der Bakterien umweltfreundlich und nachhaltig sind und in keiner Phase des Prozesses gefährliche oder umweltschädliche Stoffe entstehen. Allerdings sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die großen Unterschiede in der Zusammensetzung von Elektroschrott zu überwinden. Auch bei einer Veränderung der Konzentration von störenden Metallen wie Aluminium, Eisen oder Kupfer muss die Technologie so funktionieren, dass die Ergebnisse reproduzierbar und zuverlässig sind.

Die Forscher*innen von BOKU und IMC Krems verfolgen dazu mehrere Strategien. Eine weitere Strategie ist die Gewöhnung der für die Biolaugung und Bioakkumulation verantwortlichen Bakterien an hohe Konzentrationen störender Metalle. Dies wird durch den Einsatz eines Systems namens Morbidostat ermöglicht. In diesem System werden die Mikroorganismen einer allmählich ansteigenden Konzentration von Störmetallen ausgesetzt, und anschließend wird abgewartet, bis die Akkulturation einsetzt und die Organismen anfangen, weiter zu wachsen.

Zusammen mit der Konditionierung der Mikroorganismen werden Systeme getestet, die eine Verringerung der Konzentration von Störmetallen auslösen können. Zu den untersuchten Materialien gehören die sogenannten Ligninhydrogele, die an der BOKU entwickelt wurden. Die Kombination dieser Strategien zielt darauf ab, die Effizienz und Nachhaltigkeit der innovativen Kombination von Biolaugung und Bioakkumulation zu gewährleisten, um eine neue, umweltfreundliche Methode für das Recycling der knappen Seltenen Erden zu entwickeln.

 

IMC Krems in Kürze

Das IMC Krems ist eine internationale Fachhochschule im Herzen Niederösterreichs. Sie ist mit 160+ Partneruniversitäten, weltweit über 1.000 Partnerunternehmen und über 3.000 Studierenden aus 90 Ländern an 2 österreichischen sowie mehr als 700 Studierenden an 5 internationalen Standorten eine Hochschule mit Schwerpunkten in der Internationalisierung, Praxisorientierung und der Innovation. Auch Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind in der dynamischen, modernen Bildungseinrichtung zeitgemäße Fokusthemen über alle Studienprogramme hinweg. Derzeit werden 27 Vollzeit- bzw. berufsbegleitende Studiengänge (Bachelor & Master) und drei Lehrgänge in den Schwerpunkten Wirtschaftswissenschaften, Digitalisierung & Technik, Gesundheitswissenschaften und Life Sciences angeboten. Das IMC Krems arbeitet eng mit Forschung und Wirtschaft zusammen – aktuell laufen an der Fachhochschule zahlreiche Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von mehreren Millionen Euro. Mit den Vorlesungssprachen Englisch und Deutsch, Berufspraktika im In- und Ausland, internationalen Austauschprogrammen und Auslandssemestern werden Studierende bestens auf eine nationale oder internationale Karriere vorbereitet. Ausgezeichnet: Hohe Anerkennung über Österreichs Grenzen hinaus genießt das IMC Krems durch diverse Auszeichnungen (CHE-Hochschulranking, IQNet und Quality Austria für erfüllte ISO-Standards, Diploma Supplement Label), Zertifikate (evalag), Mitgliedschaften (FHK, AACSB, EFMD, ÖAWI, EAIE) und Akkreditierungen von internationalen Organisationen. Die aktuellen Zahlen & Fakten finden Sie unter Facts & Figures (https://www.fh-krems.ac.at/fachhochschule/medienportal/presse/#facts-figures).

 

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